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- Nikolina Grafl
- 1. Feb. 2020
- 7 Min. Lesezeit
Lima, Pucallpa
Ich steige also ausgehungert und ein klein wenig zu spät in meinen Uber und erwische ganz problemlos und ziemlich pünktlich meinen Flug nach Santiago de Chile (ja, ich bin auch überrascht). In Santiago angekommen muss ich mein Gepäck auschecken und wieder einchecken - eigentlich kein Problem, ich habe ja fast 3 Stunden Zeit. In meiner Zeitrechnung habe ich die ewig lange Migrationsschlange nicht berücksichtigt und finde mich nach 2 Stunden Wartezeit einfach damit ab, dass ich stattdessen in Chile bleibe. Ich habe Glück und ein Flughafenmitarbeiter winkt mich und ca. 20 andere Passagiere zu einem anderen Schalter und ich hetze zum Checkin und stelle mich in die schier endlose Schlange. Es geht absolut nichts weiter und ich gebe 10 Minuten vor dem Boarding schon die Hoffnung auf, jemals diesen Schalter zu erreichen. Wieder denke ich mir, dann bleibe ich eben hier - was solls. Eine geistesgegenwärtige Mitarbeiterin holt dann jedoch alle Fluggäste mit Ziel Lima nach vorne und ich darf dann 20 Minuten vor Abflug doch noch zum Gate laufen. Bei der Sicherheitskontrolle bitte ich andere Gäste mich vorzulassen und gebe dann Vollgas... na gut, ich gehe im schnellen Schritt dahin, um am Gate wie alle anderen abgehetzten, laufenden Fluggäste festzustellen, dass der Flug 1 Stunde Verspätung hat. In Lima fahre ich ins Kokopelli Hostel im Stadtteil Miraflores, wo Joseph (wir waren eine zeitlang gemeinsam unterwegs) gerade freiwillig arbeitet. Ich habe bei meinem letzten Lima Besuch diesen Stadtteil ausgelassen und will auch Joseph überraschen. Wir treffen uns zufällig auf den Stiegen zur Bar und er ist ganz perplex. Wir plaudern etwas während er Barkeeper spielt und ich komme mit seinem Freund Aaron ins Gespräch und wir wollen tanzen gehen, bis er mit seiner Schicht fertig ist.
Lange Geschichte kurz - eine Aneinanderreihung von Missverständnissen führt dazu, dass Joseph mit zwei seiner Freunde und mir "streitet" und mit uns dreien nicht mehr redet. Ich verstehe die Welt nicht mehr und würde am liebsten am nächsten Tag gleich wieder abreisen - kann ich aber nicht, weil ich warten muss bis mein laundry Service fertig ist. Ich verbringe den ganzen nächsten Tag im Bett und auf der Terrasse und schreibe an meinem Blog weiter... da habe ich eh einiges an Aufholbedarf. Ich überlege mir, wo ich stattdessen Weihnachten verbringen möchte und bin mit einigen Leuten in Kontakt. Nataly aus Kolumbien hat mich eingeladen, Weihnachten mit ihr und ihrer Familie zu verbringen und Pavlina möchte, dass ich mit ihr nach Brasilien komme. Beides klingt verlockend, aber genau in diesem Moment schreibt mich mein kleiner Bruder an und der Gedanke, wieder zu ihm zu fliegen, fühlt sich unglaublich gut an. Ich buche also für den 24. einen Flug zurück nach Pucallpa... zu altbekannten Orten und vertrauten Seelen. Den nächsten Tag widme ich ganz mir selbst und gehe in Miraflores spazieren und shoppen. Ich gönne mir zwischendurch einen Brownie mit Eis, bevor ich zur Maniküre gehe. Ich verpasse bzw finde die Walking Tour nicht und gehe stattdessen zum Frisör. Das erste Mal seit 3 Monaten sehe ich wieder "normal" aus bzw nicht so sehr wie ein Obdachloser auf Tour - wobei ich mich ehrlich ganz wohl damit gefühlt habe. Im Hostel zurück, sehe ich auch das Joseph mir geschrieben hat. Er hat überreagiert und wir gehen Sushi essen und reden - alles wieder im Lot. Wir besorgen noch einige Teile für seine neue Gitarre in 3 verschiedenen Stores, bevor er wieder an die Bar muss. Ich verbringe den Abend mit Joseph, Alejandro und zwei schwedischen Mädels ebenfalls an der Bar. Dass der Abend ausartet, brauche ich mittlerweile wohl nicht mehr zu erwähnen - ich fliege ja schließlich morgen und wo kämen wir hin, wenn ich das fit machen würde.
Ich verschlafe also - wie gewohnt - komme spät und in sehr schlechtem Zustand am Flughafen an und boarde wieder mal als Letzte. Ich bin unfassbar dankbar, dass neben mir niemand sitzt. In Pucallpa angekommen holen mich Marin und Mia vom Flughafen ab und ich freue mich unheimlich beide wiederzusehen - insbesondere Marin! Ich hätte nie gedacht, dass wir uns so bald wieder sehen werden. Im Camp begrüße ich alle anderen "Dschungelbewohner" und es fühlt sich an, als wäre ich nie weg gewesen. Einzig die vielen Erlebnisse dazwischen erinnern mich daran. Ich verziehe mich erstmal in meine Lieblingshängematte, um später für das Weihnachtsfest halbwegs fit zu sein. Finn, Moritz, Laura und ich weiß gar nicht mehr wer sonst mitgeholfen hat, haben ein unglaublich leckeres Weihnachtsessen vorbereitet, alles wurde liebevoll dekoriert und Geschenke unterm "Baum" ganz Dschungelgerecht in Bananenblätter verpackt. Der ganze Raum ist mit so viel Liebe erfüllt, dass ich einfach nur dankbar bin, dass es mich hierher verschlagen hat. Nach dem Essen tauschen alle ihre Wichtelgeschenke aus und eines ist kreativer und persönlicher als das andere. Marin hat sogar ein Geschenk für mich besorgt und Philipp holt das 2 Tage später noch nach - damit habe ich dieses Weihnachten so gar nicht gerechnet und bin einfach nur gerührt. Auch wenn es keinen Schnee und keinen Christbaum gibt, kommt das doch am nächsten an meine Vorstellung von perfekten Weihnachten ran. #loveiseverywhere
Ich verschlafe die restlichen zwei Tage in Pucallpa fast zur Gänze, aber ich war auch einfach ziemlich müde und ausgelaugt. Ich bin froh, dass Marin und ich am Abend noch Zeit finden zum Reden und genieße die Zeit mit ihm sehr. Ich komme diesmal aber so gar nicht mit der schwülen Hitze und den Moskitos zurecht und fliege daher am 27.12. zurück nach Lima. Dort will ich entweder auf Tamara warten oder am 29.12. nach Medellin fliegen... das wird sich noch entscheiden. Ich habe diesmal in einem anderen Hostel gebucht, um weiteres Drama zu vermeiden. Leider lerne ich dort nicht wirklich jemanden interessanten kennen und so spaziere ich alleine durch die Stadt, gehe zum Strand und in verschiedene Parks und bin auf ein Neues überrascht, wie schön Lima ist. Mir fällt auch auf, dass ich schon ewig keinen ganzen Tag alleine verbracht habe, obwohl ich ja seit 2 1/2 Monaten alleine reise. Ich schaffe es auch heute nicht - während ich wieder beim shoppen bin (ich brauche für Kolumbien definitiv andere Kleidung, als ich mithabe), schreibt mir Alejandro und wir trinken zum Abendausklang in meinem Hostel ein Bier. Er muss dann wieder ins Kokopelli zurück und ich gehe schlafen. Den nächsten Tag bleibe ich lange im Hostel und versuche mit Tamara die beste Lösung für ein Wiedersehen zu finden. Wir buchen spontan einen Flug nach Lima für sie - schon morgen!! Wir bleiben über Neujahr hier und fliegen dann am 2.1.20 gemeinsam nach Medellin. Ich freue mich darauf sie wieder zu sehen und dass sie mich mit neuem Zeug versorgen kann. Mir ist mittlerweile fast alles ausgegangen zB. Kontaktlinsen, meine Lieblingszahnpasta und andere banale aber heiß ersehnte Dinge. Sie fährt also zu mir und wir packen per Videotelefonie einige Sachen für mich, bevor sie anschließend nachhause fährt und ihren eigenen Koffer packt. In etwas mehr als 24 Stunden ist sie hier!! Ich buche ein Doppelzimmer im Kokopelli für uns, weil das einfach das lustigste Hostel ist und wir haben beide zu dieser Zeit noch keine Ahnung, welch tolle Zeit wir dort haben werden...
Den restlichen Tag verbringe ich im Katzenpark und gehe am Abend wieder mit Alejo etwas trinken. Am nächsten Tag checke ich aus und bringe mittags mein Zeug ins Kokopelli. Ich schlafe am Nachmittag ziemlich lange und versuche etwas am Blog zu schreiben. Ab 20 Uhr werde ich immer unruhiger und schaue ständig vom Balkon auf die Straße - Tamara sollte längst hier sein! Um 21 Uhr kommt sie endlich - von hier an gibt es eigentlich nicht viel zu sagen. Es folgt eine Aneinanderreihung von Partys, Gelächter und verschlafener Tage. Da wir beide Lima bereits gesehen haben, sind wir auch gänzlich frei von Reue oder dem Gefühl etwas zu verpassen. Einzig die Restaurants in Miraflores erkunden wir und das reicht uns. Wir sind glücklich und spielen ein paar Tage lang Teenager - ok zugeben, es wird noch eine längere Serie, aber das ist ein Spoiler! Es gibt ab diesem Punkt auch nicht mehr wirklich etwas zu erzählen... wir freunden uns mit der Kokopelli Crew an und ein Tag gleicht dem anderen und ist doch wieder ganz speziell. Wir feiern bis früh morgens, schlafen lange, suchen nach den besten Restaurants, um dann wieder von vorne anzufangen. Silvester verbringen wir auch mit unseren neuen Freunden im Hostel und wollen nachdem Nico, Silouane und Emi ihre Schicht beendet haben tanzen gehen. Wir lernen auch Carla kennen und freunden uns mit ihr an. Sie kommt kurz mit uns aufs Zimmer bevor wir los wollen, borgt sich Kleidung und Makeup von uns aus und die Geschichte endet damit, dass am nächsten Tag 200 Soles fehlen. Naja, nicht alle Menschen sind gut, aber was solls. Wir haben trotzdem einen super lustigen Abend mit den Jungs und feiern bis das Frühstück hergerichtet wird. Mersi - die coole Dame, die fürs Frühstück zuständig ist - feiert auch gleich mit uns mit, obwohl es 7 Uhr in der Früh ist.
Wir wachen total verkatert auf - so wie es sich für Neujahr gehört - und wollen den letzten Abend in Lima eigentlich ruhig angehen. Unser Flug nach Medellin geht am nächsten Tag und wir müssen noch alles packen und vorbereiten. Es kommt wieder mal anders als geplant und Nico schafft es irgendwie uns zu überreden, den letzten gemeinsamen Abend nochmal mit ihm tanzen zu gehen. Wir haben ihn beide so sehr ins Herz geschlossen, lieben die Zeit und Gespräche mit ihm und sehen ihn bereits als kleinen Bruder - wie soll man da auch zu solch lieben, französischen Rehaugen nein sagen?! Wir spazieren also erstmal in Miraflores herum auf der Suche nach einem passenden Club, werden nicht fündig und fahren mit dem Taxi nach Barranco. Wir tanzen bis der Club schließt und sitzen danach noch einige Zeit bei uns am Balkon und reden über Gott und die Welt. Es zahlt sich nicht mehr wirklich aus schlafen zu gehen, also versuchen wir bis zu unserem Flug mittags wach zu bleiben. Wir frühstücken erstmal und nachdem Nico schlafen geht, packen wir unsere Sachen.
Wir fahren logischerweise total erledigt zum Flughafen, kommen - welch Überraschung - fast zu spät und werden bereits aufgerufen. Wir schlafen im Flieger sofort ein... die Vorfreude auf Medellin bzw. Kolumbien ist dennoch ungetrübt und fast grenzenlos!!
Adios Peru - diesmal wirklich!
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